Olivenöl … und EU-Normen

OLII – Hier im Plural: Wesen der italienischen Küche.

Rom hat seit Jahrhunderten einen großen Hunger nach Ölen aus den Provinzen. Der Handel mit Olivenöl war und ist im Mittelmeerraum seit Jahrhunderten zuhause. 73% der heutigen Weltproduktion entfallen auf die Mittelmeerländer, auf Spanien, Italien und Griechenland. Weil aber italienisches Olivenöl beim Verbraucher den besten Ruf genießt und sich damit am meisten Geld verdienen lässt, wird ein Großteil des Olivenöls als italienisches Olivenöl vermarktet.

Das Olivenöl aus den Marken war zur Römerzeit schon sehr begehrt und wurde Olivenölen aus anderen Regionen vorgezogen.

Qualitätsstandards und ihr Sinn und Widersinn

Die Qualitätsstandards von Olivenöl werden heute von EU-Normen definiert. Das ist einerseits gut, andrerseits wird diese EU-Norm den wertvollsten Olivenölen nicht gerecht. Sie ist sehr großzügig, und kritische Stimmer behaupten, sie ist für die großen Abfüller gemacht, damt diese ihre raffinierten und mit allerlei Mitteln bearbeiteten Olivenöle als erste Qualität vermarkten können.

Die drei wichtigsten Parameter für die Qualität eines Olivenöls sind:

  • Säuregehalt: Er sollte möglichst niedrig sein. Die EU-Verordnung sieht für das Olivenöl der höchsten Qualitätsstufe einen Wert von 0,8 % vor. Kritilker sagen, dass ein Öl, dass 0,4 % Säure übersteigt, nicht mehr genießbar ist. Unser Olivenöl weist laut Analyse einen Säuregehalt von 0,04 % auf (Ernte 2017).
  • Gehalt an Peroxiden: Dieser Wert gibt sozusagen den Verfallsgrad des Olivenöls an und darf laut EU-Verordnung einen Wert von 20 nicht übersteigen. Gute Olivenöle liegen deutlich darunter. Erreicht der Wert einen bestimmten Grad, schmeckt das Öl “ranzig” und hat das Verfallsdatum überschritten. Setzt man das Olivenöl Licht, Sauerstoff und Wärme aus, dann nimmt der Peroxidgehalt schnell zu.
  • Gehalt an Polyphenolen: Hier ist ein möglichst hoher Wert ein Qualitätsmerkmal. So erreicht unser Olivenöl des Jahres 2017 z.B. einen Wert von 215,20. Es gibt auch Olivenöle, die einen Wert von 500 – 600 erreichen. Hier finden sich die Bitternoten eines Öls wieder oder auch ein mehr oder weniger “pfeffriger” Abgang – Indikatoren für den Wert eines Olivenöls.

Chemische Analyse und/oder olfaktorischer Test

Obige Parameter geben Auskunft über die Qualität des Öles und lassen sich durch eine chemische Analyse ermittlen. Zusätzlich sollte man mit dem Olivenöl aber unbedingt einen olfaktorischen Test durchführen. Dabei werden Geruch und Geschmack getestet. Hier beginnt der Zauber eines authentischen Olivenöls. Ihn zu entdecken bedarf es Zeit und Geduld. Die handelsüblichen Billig-Olivenöle werden mit Hilfe eines solchen Tests schnell als geschmacksneutrale Allerwelts-Olivenöle entlarvt.

Hat man aber einmal mit seinen Sinnen erfahren, was ein unverfälschtes Olivenöl ausmacht, dann wird man keinem herkömmlichen Öl mehr über den Weg trauen.

Bis aus den Oliven am Baum das Öl wird, das auf dem Tisch steht oder sich in der Küche wiederfindet, bis dahin ist es aber ein weiter Weg. Leider sind diese Wege verschlungen und nicht nachvollziehbar. Die genaue Herkunftsbezeichnung findet sich nicht auf dem Etikett.

Fehler bei der Produktion des Olivenöls

Nicht ganz einfach zu begreifen, dass NATIVES OLIVENÖL EXTRA – also die höchste Güteklasse – einen Säuregrad von 0,8 % aufweisen darf. Je höher der Säuregrad, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Oliven bei der Verarbeitung einem andauernden Oxidationsprozess ausgesetzt waren. Dafür verantwortlich kann sein:

  • die Oliven sind nicht einwandfrei, im schlimmsten Fall angefault und wurmig
  • die Oliven werden über weite Strecken transportiert und sind im schlimmsten Fall auch noch der Sonne ausgesetzt und stehen tagelang herum
  • die Olivenpresse arbeitet nicht sauber, im schlimmsten Fall werden die Matten nicht richtig gereinigt
  • dem Olivenöl sind auch Öle zweiter und dritter Qualität hinzugemengt, im schlimmsten Falle Öle, die nicht einmal zum Verzehr geeignet sind
  • dem Olivenöl sind auch andere Billigöle hinzugemengt, die nicht einmal Olivenöle sind, im schlimmsten Fall … (Olivenölskandal Spanien  1981)

0,8 %: Das ist ein extrem hoher Säure-Wert, denn Premium-Olivenöle der neuesten Generation von Olivenbauern erreichen Werte von deutlich unter 0,1 %. Aber für diese Olivenöle gibt es keine Qualitätsbezeichnung. Diese Olivenöle zu finden ist für den Verbraucher nicht so leicht möglich, aber es ist möglich.

Premium-Öle mit ihrer herausragenden Qualität können nur dadurch erreicht werden, wenn von der Pflege des Olivenhains bis zum Schneiden der Bäume, von der Ernte bis zur Extraktion des Olivenöls, von der Verpackung bis zur Lagerung professionell gearbeitet wird.

Für den biologischen Anbau gelten darüber hinaus noch besondere Regeln. Dann entstehen Premium-Öle, die keine chemischen Zusätze enthalten: pure Gesundheit. Und nur diese Olivenöle sind frei von Pestiziden und enthalten all die Stoffe, die für eine gesunde Ernährung von allergrößter Wichtigkeit sind.

Leider sind die EU-Normen sehr weit gefasst. Zugunsten der großen Abfüller. Zuungunsten der Olivenölbauern. Vor allem aber zuungunsten der Konsumenten: Sie gehen davon aus, dass sie in einer Flasche Olivenöl das bekommen, was drauf steht. Und nahezu alle im Handel befindlichen Olivenöle werden heute als der höchsten Güteklasse zugehörig definiert. Viele Öle werden in den Tests aber immer wieder als “mangelhaft”  und “zum Verzehr nicht geeignet” eingestuft.

Dass die EU ihre Normen für “Natives Olivenöl extra” ändert, ist auf absehbare Zeit nicht vorstellbar. Dass es eine neue Norm für “Premium-Öle” geben wird, ist auch ziemlich unwahrscheinlich. Was aber bleibt als Ausweg aus dieser Misere? Wohl nur die, dass der Konsument krtisch und damit mündig wird. Wie beim Wein wird es spannend, unverwechselbare und authetische Olivenöle zu entdecken. Auf der anderen Seite gehen Olivenbauern auch immer mehr dazu über, sortenreine Olivenöle zu produzieren. Und die sind in ihrer Art Jahr für Jahr einzigartig und unterscheiden sich von den undefinierbaren raffinierten Einheitsölen wesentlich.

Der mündige Verbraucher ist gefragt – er entscheidet.

Es ist schon ein großer Fortschritt,

  • wenn sich der Verbraucher Zeit nimmt und sich beim Olivenölproduzenten genau informiert und möglichst direkt beim Erzeuger kauft
  • wenn sich der Verbraucher Zeit nimmt und das Olivenöl sorgfältig verkostet
  • wenn sich der Verbraucher darüber im Klaren ist,  wen er mit seinem Einkaufsverhalten unterstützt
  • wenn sich der Verbraucher Zeit nimmt, mit einem unverfälschten Olivenöl selbst zu kochen

Dann wird das Olivenöl wieder zur Basis einer gesunden, mediterranen Ernährung – Ausdruck von Genuss und Lebensfreude!

 

 

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